Stell dir einen Bergsteiger vor, der vor einem gewaltigen Bergmassiv steht. Wir können in diesem Fall davon ausgehen, dass er bestens ausgerüstet ist und über sämtliches Material (Karten etc.) verfügt, welches wichtig und erforderlich ist.
Welche Aufstiegsstrategie für eine Erstbesteigung überlegt sich dieser Bergsteiger wohl? Da die meisten Menschen mit Bergsteigen „nicht viel am Hut haben“ und unter der Annahme, dass du zu dieser Gruppe der „Unerfahrenen“ zählst, würde ich folgende Aufstiegsroute vermuten: Du hättest einen Blick auf die Karte geworfen und dann den Berg betrachtet und wärst nach den letzten Vorbereitungen einfach einmal losmarschiert. Nach und nach hättest du dir überlegt, welchen Weg du nun als nächstes einschlagen solltest. Solange es nach oben geht, kann ich nicht falsch liegen, werden sich die meisten denken. Diese Vorgehensweise ist nicht nur sehr zeitraubend, sondern zudem auch noch gefährlich und nicht gerade sehr effektiv. Irgendwann würdest du an eine Stelle kommen (vorausgesetzt, es gibt eine solche), von der aus du nicht mehr weitersteigen könntest, dann wäre die Zeit des Umkehrens gekommen, und du müsstest einen anderen Aufstieg versuchen.
Das Konzept von „Sport im Flow“ geht von einer ganz anderen Art des Denkens aus. Wir beginnen damit, vom Ziel ausgehend zu denken. Ich vermittle den von mir betreuten Sportlern grundsätzlich eine sehr zukunfts- bzw. zielorientierte Sichtweise. Der dahinterstehende Leitgedanke ist: „Vom Ziel her denken und auf das Ziel ausgerichtet handeln!“ Die Beschäftigung mit Zielen soll uns vor allem davor bewahren, vorschnell und unüberlegt das Naheliegende anzupeilen, um dann in weiterer Folge zu erfahren, dass ganz offensichtlich auch noch andere Teile der Persönlichkeit (teilweise unbewusste Persönlichkeitsanteile) ein Wörtchen mitzureden haben. Die oft gezogene Konsequenz, diese Anteile als Feinde zu bezeichnen und zu eliminieren, führt dann im weiteren Prozess zu erheblichen Reibungskämpfen im Inneren dieser Person. Die gesammelte und benötigte Energie wird letztlich für den Kampf mit sich selbst statt für die Lösung des Problems bzw. die Erreichung des Ziels aufgebracht.
Lösung
Um nochmals auf das Beispiel des Bergsteigers zurückzukommen… Ein Könner seines Fachs würde zunächst den Gipfel betrachten und überlegen, von welchem Punkt unterhalb des Gipfels er am leichtesten das Gipfelkreuz erreichen kann. Dann überlegt er sich, von welchem noch weiter unten liegenden Punkt er den Punkt unterhalb des Gipfelkreuzes erreichen kann. Das macht er im Kopf (also mental) so lange, bis er an der Basis und somit an seinem Ausgangspunkt angekommen ist, und erst dann beginnt er seinen Aufstieg.
Wenn du weiterhin wie ein unerfahrener Bergsteiger die höchste Leiter des Sports erklimmen und nichts an deiner Zielsetzungsstrategie verändern möchtest, sei bitte darauf gefasst, dass sich an der Qualität deiner sportlichen Leistungen nicht viel ändern wird. Mach einfach alles wie bisher (vorausgesetzt, es klappt eben nicht besonders gut) und hoffe, dass etwas Tolles passiert. Das könnte man den „Zufalls-Weg“ nennen.
Ganz unabhängig davon, was und wie du es machst, wirst du auch in diesem Fall ein Resultat erzielen. Wir können es noch nicht einmal vermeiden, durch unser Verhalten und unsere inneren Einstellungen Resultate zu erreichen. Die Idee einer anspruchsvollen und komplexen Zielarbeit ist, eben gerade die Ergebnisse und Resultate zu erzielen, die du dir vorstellst und wünschst. Bereits dieser Wunsch ist ein Grundsatz der Zielsetzung. Wenn wir nicht einen innigen Wunsch für eine Veränderung erleben, werden wir auch viel zu träge bleiben, tatsächlich etwas in unserem Gehirn (unsere Einstellungen, Denkprozesse, etc.) zu verändern. Wenn du in deiner Sportart nur deshalb besser werden möchtest, weil es dir dein Vater oder dein Trainer gesagt hat, wirst du mit großer Sicherheit dieser Verbesserung sehr flexibel und variantenreich aus dem Wege gehen.
Obwohl wir es nicht vermeiden können, ein Resultat zu erzielen, schaffen es nur die allerwenigsten, die Ergebnisse zu erhalten, die sie sich wirklich wünschen. Wenn du tatsächlich eine Veränderung in deinem Denken erreichen und mehr Kontrolle über deine Resultate bekommen möchtest, bietet dir der zielorientierte Weg viele Vorteile gegenüber dem Zufallsweg:
– Er hilft dir das zu erreichen, was du wirklich möchtest.
– Er erhöht enorm die Chancen, dein Ziel auch tatsächlich zu erreichen.
– Du kannst selbst bestimmen, wer und was du bist und in welche Richtung du dich gerne verändern möchtest.
– Du bist unabhängig von der Entscheidung anderer.
– Der Zielweg ist sehr einfach zu begehen, wenn man dessen Prinzipien kennt.
– Du wirst mit diesem Weg mehr Freude haben.
– Du wirst erfolgreicher sein!
© Copyright by Thomas Zerlauth, Mental-Coach Vorarlberg
Dieser Text stammt aus dem bekannten Mentaltrainings-Buch „Sport im State of Excellence“. Mit NLP und Mentalen Techniken zu sportlichen Höchstleistungen.
Verlag Junfermann, 1996