Gedanken und die Stimme in unserem Kopf

Gedanken und innere Stimmen spielen eine zentrale Rolle im Leben eines jeden Menschen, und dies gilt besonders für Sportler.

Du bist nicht dein verstand

Die mentale Stärke eines Sportlers kann oft den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. Mentales Training im Sport hat daher eine enorme Bedeutung gewonnen, um die Leistung zu optimieren und mit dem inneren Dialog effektiv umzugehen. In diesem Artikel werden wir untersuchen, wie Gedanken und innere Stimmen die sportliche Leistung beeinflussen und wie mentales Training dazu beitragen kann, diese Aspekte zu nutzen und zu kontrollieren.

Gedanken sind ständige Begleiter unseres täglichen Lebens. Sie formen unsere Wahrnehmung, beeinflussen unsere Emotionen und bestimmen unser Verhalten. Im Sport sind Gedanken besonders entscheidend, da sie die mentale Einstellung eines Sportlers beeinflussen und somit seine Leistung auf dem Spielfeld oder im Wettkampf beeinflussen können. Viele Sportler berichten von inneren Stimmen, die ihnen sagen, sie seien nicht gut genug, sie könnten nicht gewinnen oder sie würden scheitern. Diese inneren Stimmen sind Ausdruck von Selbstzweifeln und Ängsten, die tief im Unterbewusstsein verankert sind.

Ein junger Sportler kam einmal zu mir und meinte, dass er andauernd Stimmen in seinem Kopf hören würde und ob er verrückt sei. Was ihm damals noch nicht bewusst war, ist die Tatsache, dass wir alle diese Stimme oder Stimmen hören. Manchmal als Monolog oder als Dialog. Und diese Stimmen sind ein Teil unseres Denkens und damit letztlich ein Instrument unseres Verstandes. Und zu unserem Leidwesen identifizieren wir uns mit unserem Verstand und dieser Stimme in uns, die uns oft nicht einmal richtig oder gar nicht bewusst wird. Unbewusst bedeutet in diesem Sinne nichts anderes, als dass wir der Stimme in unserem Kopf folgen, ohne sie zu beobachten. Solange wir dieser Stimme freien Lauf lassen und ihr keine Aufmerksamkeit schenken, sind wir auf einer unbewussten Ebene mit ihr identifiziert und folgen dem, was unsere Gedanken uns vorgeben. Nachdem unser Körper ebenfalls von dieser Identifikation betroffen ist, reagiert er auf den Inhalt dieser Gedanken, die uns selbst meist gar nicht bewusst sind. Unsere Gefühle und unsere Emotionen sind lediglich eine Reaktion des Körpers auf das, was unser Geist uns vorgibt. Wir begeben uns also in die Knechtschaft des Instruments, anstatt das Instrument zu nutzen. Wenn jemand dauernd an sich zweifelt und vernichtende, verletzende oder herabwürdigende Gedanken wiederkaut, wird er sich schlecht fühlen und auf lange Sicht vielleicht sogar krank werden.

Gabor Maté, ein renommierter Therapeut, betont, dass Trauma nicht nur durch extreme Ereignisse, sondern auch durch subtile, wiederholte negative Erfahrungen entstehen kann. Diese Traumata prägen unsere Gedankenmuster und Selbstwahrnehmung tiefgehend. Maté erklärt, dass traumatische Erlebnisse oft zu negativen Glaubenssätzen und Gedankenmustern führen. Diese können das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit oder die Überzeugung, nicht liebenswert zu sein, einschließen. Er beschreibt, wie traumatische Erfahrungen unsere Gedanken und unser Unterbewusstsein beeinflussen. Diese negativen Gedankenmuster können zu chronischem Stress und physischen Gesundheitsproblemen führen. Gedanken wie „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich verdiene es nicht, geliebt zu werden“ sind häufige Überzeugungen, die aus traumatischen Erlebnissen entstehen und das Verhalten und die Emotionen einer Person negativ beeinflussen.

Mentales Training im Sport zielt darauf ab, diese negativen Gedankenmuster zu durchbrechen und positive, stärkende Gedanken zu fördern. Es geht darum, die Kontrolle über den inneren Dialog zu gewinnen und diesen als Werkzeug zur Leistungssteigerung zu nutzen. Eine der wichtigsten Techniken im mentalen Training ist die Visualisierung. Durch die Vorstellung von erfolgreichen Handlungen und positiven Ergebnissen können Sportler ihre Selbstwirksamkeit und ihr Selbstvertrauen stärken. Visualisierung hilft dabei, das Gehirn auf Erfolg zu programmieren und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass positive Szenarien im Wettkampf tatsächlich eintreten.

Ein weiteres wichtiges Element des mentalen Trainings ist die Selbstgesprächsregulation. Selbstgespräche sind die Worte und Sätze, die wir zu uns selbst sagen, und sie können entweder positiv und unterstützend oder negativ und hinderlich sein. Sportler lernen, negative Selbstgespräche zu erkennen und durch positive Affirmationen zu ersetzen. Zum Beispiel könnte ein Sportler, der sich selbst sagt „Ich schaffe das nicht“, diesen Gedanken durch „Ich habe hart trainiert und bin bereit für diese Herausforderung“ ersetzen. Dieser Wechsel von negativem zu positivem Selbstgespräch kann einen erheblichen Einfluss auf die Leistung haben.

Achtsamkeit und Meditation sind ebenfalls wichtige Komponenten des mentalen Trainings. Durch die Praxis der Achtsamkeit lernen Sportler, im gegenwärtigen Moment zu bleiben und sich nicht von negativen Gedanken und Ängsten ablenken zu lassen. Achtsamkeit hilft dabei, eine nicht-urteilende Haltung gegenüber den eigenen Gedanken und Emotionen zu entwickeln und sie einfach zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Diese Praxis kann helfen, den inneren Frieden zu fördern und den mentalen Fokus zu schärfen, was im Wettkampf von entscheidender Bedeutung ist.

Ein weiteres Konzept, das im mentalen Training verwendet wird, ist die kognitive Umstrukturierung. Dabei geht es darum, irrationale oder dysfunktionale Gedanken zu identifizieren und sie durch realistischere und positivere Überzeugungen zu ersetzen. Ein Sportler, der beispielsweise Angst vor dem Scheitern hat, könnte lernen, diesen Gedanken durch die Überzeugung zu ersetzen, dass Scheitern eine Gelegenheit zum Lernen und Wachsen ist. Durch diesen Prozess der kognitiven Umstrukturierung können Sportler eine gesündere und positivere Einstellung entwickeln, die ihnen hilft, mit Druck und Herausforderungen besser umzugehen.

Eckhart Tolle, ein bekannter spiritueller Lehrer, hat betont, wie wichtig es ist, das Bewusstsein vom Denken zu trennen und sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren. Tolle argumentiert, dass der innere Monolog oft vom Ego dominiert wird, das uns ständig in Gedanken über die Vergangenheit und die Zukunft verstrickt. Diese Gedanken sind oft mit Sorgen, Ängsten und Zweifeln verbunden. Er betont die Bedeutung des gegenwärtigen Moments und die Praxis der Achtsamkeit, um sich von diesen gedanklichen Mustern zu befreien. Laut Tolle besteht der Schlüssel zur Freiheit darin, das Bewusstsein vom Denken zu trennen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Dies bedeutet, dass man sich seiner Gedanken bewusst wird, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Durch das Entwickeln eines höheren Bewusstseins kann man inneren Frieden und Klarheit finden, was zu einem Zustand führt, den er als „Präsenz“ bezeichnet.

Im Sport kann diese Präsenz dazu beitragen, den sogenannten Flow-Zustand zu erreichen, ein Zustand, in dem Sportler vollkommen in ihrer Tätigkeit aufgehen und ihre beste Leistung erbringen. Der Flow-Zustand wird oft als das ultimative Ziel im Sport betrachtet, da er mit maximaler Konzentration, Freude und Leistungsfähigkeit verbunden ist. Mentales Training

kann helfen, diesen Zustand häufiger zu erreichen, indem es Sportler lehrt, ihre Gedanken zu kontrollieren und sich vollständig auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des mentalen Trainings im Sport ist die Resilienz. Resilienz ist die Fähigkeit, sich von Rückschlägen und Niederlagen zu erholen und gestärkt daraus hervorzugehen. Sportler, die mental stark sind, können Misserfolge als Lerngelegenheiten betrachten und sich schnell wieder auf ihre Ziele konzentrieren. Mentales Training kann dabei helfen, die Resilienz zu stärken, indem es Techniken zur Bewältigung von Stress, zur Aufrechterhaltung einer positiven Einstellung und zur schnellen Erholung nach Enttäuschungen vermittelt.

Bekannte Sportler haben immer wieder betont, wie wichtig mentale Stärke und mentales Training für ihren Erfolg sind. Michael Jordan, einer der größten Basketballspieler aller Zeiten, sagte einmal: „I’ve missed more than 9000 shots in my career. I’ve lost almost 300 games. 26 times, I’ve been trusted to take the game-winning shot and missed. I’ve failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed.“ Diese Aussage unterstreicht, wie Jordan seine Niederlagen und Fehler als Teil seines Weges zum Erfolg akzeptierte und daraus lernte, anstatt sich von ihnen entmutigen zu lassen.

Ein weiteres Beispiel ist Serena Williams, eine der erfolgreichsten Tennisspielerinnen der Geschichte, die oft über die Bedeutung der mentalen Stärke spricht. Sie hat erklärt, dass ihr Erfolg nicht nur auf körperlichem Training, sondern auch auf mentalem Training beruht. Williams betont, wie wichtig es ist, an sich selbst zu glauben und sich nicht von negativen Gedanken oder Zweifeln überwältigen zu lassen. Sie verwendet Techniken wie Visualisierung und positive Selbstgespräche, um ihre mentale Stärke zu stärken und sich auf ihre Ziele zu konzentrieren.

Mentales Training umfasst auch den Umgang mit Druck und Erwartungen. Sportler stehen oft unter immensem Druck, sowohl von außen durch Medien, Trainer und Fans, als auch von innen durch ihre eigenen Erwartungen. Dieser Druck kann zu Stress, Angst und Leistungseinbußen führen, wenn er nicht richtig gehandhabt wird. Durch mentales Training lernen Sportler, diesen Druck zu bewältigen, indem sie Techniken wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung und mentale Vorbereitung anwenden. Diese Techniken helfen, den Stress zu reduzieren, den Fokus zu verbessern und die Leistungsfähigkeit zu steigern.

Eine Schlüsselstrategie im mentalen Training ist das Setzen von Zielen. Sportler lernen, klare, spezifische und realistische Ziele zu setzen, die ihnen helfen, ihre Motivation und ihren Fokus aufrechtzuerhalten. Zielsetzung ist ein kraftvolles Werkzeug, um Fortschritte zu verfolgen und Erfolge zu feiern, was wiederum das Selbstvertrauen stärkt. Mentale Trainer arbeiten oft mit Sportlern zusammen, um individuelle Zielsetzungspläne zu entwickeln und diese regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.

Der Einfluss von Gedanken und inneren Stimmen auf die sportliche Leistung ist unbestreitbar. Mentales Training bietet eine Vielzahl von Techniken und Strategien, um diese Gedanken zu kontrollieren und positiv zu nutzen. Durch die Kombination von Visualisierung, positiver Selbstgesprächsregulation, Achtsamkeit, kognitiver Umstrukturierung, Resilienztraining und effektiver Zielsetzung können Sportler ihre mentale Stärke maximieren und ihre Leistung auf ein neues Niveau heben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Arbeit mit Gedanken und inneren Stimmen im Sport entscheidend für den Erfolg ist. Mentales Training ermöglicht es Sportlern, ihre Gedanken bewusst zu steuern, negative Muster zu durchbrechen und eine positive und produktive mentale Einstellung zu entwickeln. Die Integration von Techniken wie Visualisierung, Selbstgesprächsregulation, Achtsamkeit und Resilienztraining hilft dabei, die mentale Stärke zu stärken und die sportliche Leistung zu optimieren. Bekannte Persönlichkeiten wie Michael Jordan und Serena Williams sind lebende Beweise dafür, wie wichtig mentale Stärke und mentales Training für den sportlichen Erfolg sind. Durch die Anwendung dieser Prinzipien können Sportler nicht nur ihre Leistung verbessern, sondern auch ein erfüllteres und ausgeglicheneres Leben führen, sowohl auf als auch abseits des Spielfelds.

© Copyright by Thomas Zerlauth, Sport-Mental-Coach
Dieser Text stammt aus dem Sport-Mentaltrainings-Buch „The Magic Zone“ – Wie Gewinner denken. Die Aura des Erfolgs.